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Die ostfriesische Teegeschichte

Ostfriesland ohne Tee, wer könnte sich das vorstellen? Der Tee gehört zu Ostfriesland wie der Wind und das Meer. Schon Anfang des 17. Jahrhunderts kamen erste kleine Teelieferungen nach Europa. Es waren die Niederländer, die den grünen unfermentierten Tee aus Japan und China nach Ostfriesland brachten.

Später, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, hatte sich das Teetrinken bereits in allen Bevölkerungsschichten breit gemacht. Und das war auch gut so, denn bevor es den Tee in Ostfriesland gab, tranken die Ostfriesen hauptsächlich Bier - und das in allen Varianten: kaltes Bier, Warmbier mit Honig, Warmbier mit Eiern und sogar Biersuppe. Dazu schrieb der Norder Johann Haddinga 1977 in seinem Buch "Das Buch vom ostfriesischen Tee": "In knapp einem Jahrhundert hatte der Tee Ostfriesland 'erobert'. Aus dem kostspieligen Genuss wohlhabender Adelsfamilien, Marschbauern und Stadtbürger war bereits am Ende des 18. Jahrhunderts ein Volksgetränk geworden, das auch in den wirtschaftlich ärmeren Geest- und Moorgebieten Buttermilch und Bier allmählich verdrängte." .

Der Teegenuss in Ostfriesland wurde zur festen Lebensgewohnheit der Menschen. Selbst die Auflage König Friedrichs II., den Teegenuss der Ostfriesen einzuschränken, um wichtige Gelder im Land verbleiben zu lassen, scheiterte. Die Ostfriesen brauchten nun einmal Ihren Tee, was auch wohl ein Segen für die weitere Entwicklung war, denn Friedrich II propagierte sogar die Rückkehr zum Bier als beste Möglichkeit gegen den hohen Teekonsum in Ostfriesland.

In der Zeit der französischen Besatzung zu Anfang des 19. Jahrhunderts, war aufgrund der Kontinentalsperre der Handel mit Tee wieder ausgesetzt. Der Handel mit England war strengstens untersagt und so kam es, dass viele Ostfriesen den Tee über Helgoland (damals zum Königreich England gehörend) nach Ostfriesland schmuggelten. Die Ostfriesen riskierten Kopf und Kragen für ihren Tee, denn auf Schmuggel stand die Todesstrafe.

Nach der französischen Besatzung ab 1815 hatte sich der Teehandel weitestgehend wieder normalisiert. Es gab viele kleine Kolonialwarenhändler die den Tee wieder an alle Gesellschaftsschichten verkaufen konnten.

Mit dem ersten Weltkrieg brach wieder eine Zeit der Teenot über die Ostfriesen herein. Der ohnehin schon seit 1909 sehr hoch besteuerte Tee wurde immer knapper. Die Knappheit fand 1917 ihren Höhepunkt. Erst ab 1919 konnte wieder Tee auf dem Weltmarkt gekauft werden, meist waren es aber die billigen oder minderwertigen Restbestände aus den Kriegsjahren. Der Ruf nach herzhaftem, starken Tee wurde in dieser Zeit immer größer.

Währen des zweiten Weltkrieges gab es für den bezugsberechtigten Ostfriesen ab dem 35. Lebensjahr eine monatliche Ration von 30 Gramm Tee. Teeverteilungsstellen waren damals die Firma Onno Behrends in Norden, die Firma Bünting in Leer und die Firma Niehus in Wilhelmshaven. Wegen der fehlenden Importe aus dem Ausland griffen die Ostfriesen in ihrer Not zu sog. Teetabletten, ein Ersatz aus Aromastoffen und Zucker. Nach dem Kriege lebte der Teeschmuggel aufgrund von Knappheit und hoher Besteuerung wieder auf. Hamsterfahrten aus dem Ruhrgebiet wurden immer häufiger, da die dortigen Bergleute eine extra Portion Tee für Schwerstarbeit bekamen, die deren Frauen bei den Ostfriesen gegen Butter und Speck tauschten. Nach 1949 verhinderte eine extrem hohe Teesteuer den Aufschwung im Teegeschäft. Erst 1953 wurde die Teesteuer deutlich verringert und seit dieser Zeit haben die Ostfriesen keine Not mehr ihr "Köppke Tee" zu genießen.

Die Geschichte des Upstalsboom
Wenn man in Ostfriesland von Aurich nach Oldersum fährt, kommt man an einem Hügel vorbei - dem Upstalsboom. Der Name Upstalsboom kommt entweder von einem ehemals auf einem Hügel stehenden Baum oder von dem Begriff "Upstal" für Viehweide und "Boom" für Schlagbaum bzw. das Tor zur dieser Viehweide - Historiker streiten sich noch heute darüber. In der Bronzezeit wurde der Upstalsboom schon als Grabhügel benutzt. Später im Mittelalter diente er als Versammlungsort der Abgeordneten der Friesen. Jedes friesische Land wählte alljährlich aus den Kreisen wirtschaftlich und politisch bedeutender Persönlichkeiten zwei Abgeordnete zu den am Dienstag nach Pfingsten stattfindenden Upstalsboom-Versammlungen. Hierbei wurde u. a. 1324 ein Frieden zwischen Rüstringen und Bremen vermittelt. Letztmalig ist eine Zusammenkunft am Upstalsboom im Jahre1327 überliefert. Der Bund blieb jedoch noch einige Zeitlang weiter bestehen, bis er später mit den neu aufkommenden Häuptlingen sein Ende fand. Als um 1600 unter dem Einfluß humanistischer Gedanken das Interesse für die geschichtliche Vergangenheit erwachte, besann man sich auf die Zusammenkünfte freier Friesen am Upstalsboom und stellte sie idealisiert mit größerer Bedeutung, als sie wirklich besessen hatten, heraus. Der Historiker Ubbo Emmius schrieb dazu:"Sie bilden einen völlig selbständigen Staat für sich, diese Anwohner des deutschen Meeres, eine freie Republik... Freie Männer sind sie und rechtlich alle gleich. Sie regieren ihre Republik selbst in eigener Souveränität, welche voll und ganz beim Volke liegt. Sie treten in bestimmten Perioden, an bestimmten Tagen oder auch, wenn es die Not verlangt, in außerordentlicher Weise zu Volksversammlungen zusammen dort, an einem von altersher geheiligten ehrwürdigen Orte unter dem gastlichen Rauschen alter Eichen, und unter dem schirmenden Dache, beraten sie gemeinsam über das gesamte Wohl und Wehe des ganzen geeinigten Staates, über Krieg und Frieden, über staatsrechtliche und privatrechtliche Angelegenheiten, über Ruhe und Ordnung im Innern." Später im Jahre 1833 errichtete man auf dem Hügel eine Steinpyramide als Denkmal für die in den Befreiungskriegen gefallenen Ostfriesen. Nach dem letzten Krieg veranstaltete die Ostfriesische Landschaft am Upstalsboom Zusammenkünfte aller Friesen, um die Gemeinsamkeiten über die heutigen politischen Grenzen hinaus zu betonen. Um an die alte Tradition des Upstalsboom zu erinnern brachte die Firma Hibben aus Leer ein Teegeschirr mit gleichem Namen auf den Markt. Quelle: Wilhelmshavener Heimatlexikon, Seite 354ff, 1987 Wilhelmshaven.


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